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Erneut öffnete die Villa Wellentanz seine Türe für ein Konzert der Extraklasse, dargeboten von Thomas Grossenbacher (Cello) und Yulia Miloslavkaya (Klavier). Erfreulicherweise war es ausverkauft, nicht zuletzt auch dank zehn Besuchern aus Wildberg, wo die Pianistin als Organistin amtet.
Die Gastgeber Barbara Münch und Jean-Pierre Kousz, diesmal klassisch schwarz-weiss gekleidet, begrüssten das Publikum und die Künstler mit herzlichen Worten und gaben die Bühne, neuerdings mit einem Zusatzmodul erweitert, frei.
Dabei traf Analog auf Digital: Ein Cello aus dem Jahr 1672, in Italien erbaut und nun in den Händen des ehemaligen Ersten Solocellisten des Tonhalle-Orchesters und mit Noten aus Papier erklang zusammen mit einem Yamaha-Digitalflügel aus dem Jahr 1996 unter den Händen einer Konzertpianistin und Organistin und mit Noten auf einem Tablet – das Ergebnis war ein bewegender und harmonischer Wohlklang mit wunderbarer Musik.
Thomas Grossenbacher führte uns mit kurzen, sehr interessanten Erläuterungen durch das Programm, bevor die jeweiligen Werke erklangen. Den Anfang machte Beethovens kurze Sonate op. 17, ursprünglich für Horn und Klavier komponiert, von Beethoven selbst für Cello und Klavier umgeschrieben um den Noten-Umsatz zu steigern. Das Werk strömt Lebensfreude und Optimismus aus; Beethoven stand noch mitten in der Blüte seines Lebens, als er es im Jahr 1800 komponierte – nur ZWEI Tage vor der Uraufführung!
Damals mussten die Musiker nebst Saiten auch Nerven wie Drahtseile haben. Als zweites Werk Beethovens erklangen die Variationen über „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ (1801), einer Arie aus dem damaligen Schlager „Die Zauberflöte“, die – wie Grossenbacher erzählt – damals in aller Ohren war; Beethoven wollte berühmt werden und komponierte diese Variationen als Bravourstück – und mit Bravour führten es die beiden Künstler auch für uns auf! Dazwischen erklang Schumann: seine drei intimen Romanzen op. 94 (1849) waren für Oboe und Klavier gedacht, und der Komponist lehnte Transkriptionswünsche seines Verlegers kategorisch mit der Begründung ab, dass er diese Stücke anders geschrieben hätte, seien sie für ein anderes Instrument gedacht gewesen. Dass es jedenfalls für Cello und Klavier geht, bewiesen Grossenbacher und Miloslavskaya auf sehr überzeugende Weise.
Nach einer kurzen Pause ging es in die zweite Hälfte des Konzerts, vertreten durch Dvořák und Suk, wobei dem Publikum ein besonderes Privileg vergönnt war: Die beiden Musiker hatten diese Werke frisch einstudiert und spielten sie für uns zum ersten Mal öffentlich!
Der Reigen slawischer Musik wurde durch Dvořáks Polonaise (1879) eröffnet, die mit einem schmelzenden, gleichsam werbenden Intro begann, bevor es dann mit dem typischen Polonaise-Takt zur Sache ging. Darauf folgten zwei reizvolle und leider unterschätzte Stücke von Josef Suk, Dvořáks Schwiegesohn und Grossvater des berühmten Geigers Josef Suk; Grossenbacher hatte sie erst kürzlich entdeckt und sich gleich in diese Musik verliebt, was man sowohl aus der Ballade als auch aus der Serenade op. 3 (1890 und 1898) unschwer heraushörte. Als Rausschmeisser erklang dann noch Dvořáks berühmter Slawische Tanz Nr.8 (1878) in der Fassung für Cello und Klavier – es sei zwar nicht so wuchtig wie die Orchesterfassung, meinte Grossenbacher, sondern etwas intimer, aber was die beiden danach zum Besten gaben, versprühte dann doch eine furiose, orchestrale Wirkung und erwies sich als ein musikalisches Feuerwerk am Ende des offiziellen Teils.
Der Applaus war denn auch entsprechend, und man liess sich nicht lange bitten: Als Zugabe erklang eine der drei Romanzen op. 22 (1853) von Clara Schumann, die einen träumen liess.
So endete ein eindrückliches Konzert zweier Meister, die mit Herzblut und viel Hingabe spielten und uns eine wunderschöne Begegnung mit herrlicher Musik schenkten.
Ende? Mitnichten! Uns wurde noch ein unerwarteter Bonus zuteil: Es setzte sich Arina, Yulias Töchterchen, ans Piano und begann zu spielen: zwei kleine hübsche Stücklein („Schwarzwälder Puppen“ und „Regen“) erklangen mit dem Charme und der Unschuld einer Fünfjährigen, gepaart mit der Professionalität einer Pianistin – das Publikum war sichtlich gerührt und hörte verzückt zu. Wird Arina uns in zehn Jahren als Maestra aufspielen?: Sie hatte nämlich soeben den Test für die erste von sieben Stufen am Konservatorium Zürich bestanden!
Der Abend klang bei angeregten Gesprächen und mit kulinarischen Genüssen aus: nebst leckeren Canapés von den Gastgebern gab es auch selbstgebackenen Käsekuchen eines Paares, das fünf Jahre in Irland gelebt hatte und von dort die Tradition mitgebracht hatte, bei Besuchen von Hauskonzerten zur Kulinarik beizutragen.
Am 8. Februar geht es weiter – mit Heavy Metal! Das geht nach einem klassischen Konzert? Corinne Ryter und ihre Band werden es uns sicher beweisen!
Bericht: René Kousz
Aufzeichnung des Konzerts