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Diesmal lud immer noch sommerliches Kaiserwetter zum Konzert in die Villa Wellentanz, welches vom Norea-Trio gegeben wurde. Barbara Münch eröffnete den Abend mit einer kurzen Einleitung mit dem berechtigten Hinweis, dass es besser passe, wenn ein Konzert von drei FRAUEN auch von einer Frau angekündigt werde – ausserdem habe sie die schöneren Schühchen als Jean-Pierre …
Sechs Nationen waren an der Gestaltung des Abends beteiligt:
Das Norea-Trio, bestehend aus der Südkoreanerin Hyunjong Reents-Kang (mit einer genau 200 Jahre alten Violine, erbaut 1824 in Italien), der Schweizerin Eva Lüthi am Cello und der Bulgarin Petya Mihneva am Piano.
Ludwig van Beethoven, der das wunderschöne Klaviertrio op.1 Nr.1 im Jahr 1793 als 23Jähriger komponierte, also vor seiner grossen Berühmheit und noch mit intaktem Gehör, stammte aus Deutschland (Bonn) und war damals frisch nach Wien gezogen; eigentlich um bei Mozart Unterricht zu nehmen; dieser war aber 1791 verstorben, sodass er bei Haydn landete. Dem Trio ist das Vorbild Mozart durchaus anzuhören, enthält aber doch bereits etwas „Beethoven“.
Dora Pejačević (gesprochen Pejatschewitsch, 1885-1923) war eine Kroatin aus gutem Hause, wurde als höhere Tochter mit dem Klavierspiel vertraut gemacht, wie es bei Adligen damals üblich war. Allerdings war sie rebellisch veranlagt und verachtete das Nichtstun des Adels. Im Ersten Weltkrieg half sie als Pflegerin. Ihr Klaviertrio aus dem Jahr 1910 ist der spätromantischen Tradition verpflichtet, mit sehr orchestral wirkenden Passagen und üppig-brahmsisch anmutendem Klaviersatz. Im Konzert schien es, als ob dieses Trio dem Beethoven-Trio antwortete, was eine sehr reizvolle Kombination ergab.
Das Norea-Trio spielt regelmässig zusammen und probt abwechselnd bei den Musikerinnen zu Hause (Basel, Bern, Zürich), was man dem perfekten Zusammenspiel anhört. Die Violinistin bezauberte durch einen sehr warmen, schmelzenden Klang, der eher an Rotwein als an Champagner erinnerte, sehr passend zum sonoren und ebenbürtig agilen Cello; die Pianistin zauberte aus dem Digitalflügel sehr differenzierte Klänge, von Pianissimi bis zu orchestralen Fortissimi. Es war wahrlich ein Genuss, diesen drei Künstlerinnen zuzuhören, was denn auch durch einen ausgiebigen Applaus quittiert wurde. Jean-Pierre überreichte ihnen eine Leckerei eines hiesigen Bäckers („statt eines riesigen Blumenstrausses, den sie dann neben den Intstrumenten hätten mitschleppen müssten“).
Es fand sich für mich noch eine Gelegenheit für ein kurzes Gespräch mit der Violinistin, die mit 16 Jahren aus Südkorea ganz alleine in die Schweiz gezogen war, um zu studieren, und sich dadurch vor gleich mehreren, grossen Herausforderungen fand, angefangen vom unterschiedlichen Klima über andere Sitten bis zur völlig anderen Sprache – ihr Lehrer bestand darauf, zuerst reines Hochdeutsch zu lernen, bevor sie sich ans Schweizerdeutsch wagte (was sie heute sehr gut spricht). Von der Cellistin konnte ich noch Einiges über Dora Pejačević in Erfahrung bringen, die mir zuvor völlig unbekannt war.
Wie üblich klang der Abend mit gemütlichen Gesprächen bei einem offerierten Apéro aus.
Das nächste Konzert findet am 11. Oktober statt; die Pianistin Tatiana Radkewitsch wird solo auftreten; einigen mag sie von ihrem Beethoven-Zyklus im Hombi-Salon bekannt sein, wo sie alle 32 Sonaten vorgetragen hat.
Bericht:
René Kousz